Das Birkhuhn (Lyrurus tetrix)
Das Birkhuhn zählt in der Ordnung der Hühnervögel (Galliformes) zur Familie der Fasanenartigen (Phasianidae). Innerhalb dieser Familie wird es den Raufußhühnern zugeordnet, da ihre Läufe und Zehen fast vollständig befiedert sind.
Das Birkhuhn war bis Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts ein Charaktervogel der Moore und Heidelandschaften des norddeutschen Tieflandes und weit verbreitet. Stetige Lebensraumverluste durch Moorentwässerung und Abtorfung sowie die Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft führten zu einem rapiden Bestandsrückgang.
Der karge Lebensraum mit holzigen Zwergsträuchern hat die Birkhühner zu Nahrungsspezialisten gemacht. Sie besitzen einen vergrößerten Blinddarm, der eine Darmflora beherbergt, die Holz verdauen kann. Über 100 verschiedene Sämereien, Früchte, Beeren, Blatt- und Rindenarten stehen auf dem Speiseplan der Tiere. Mit der Nahrung werden gezielt kleine Steine aufgenommen, die als „Kugelmühlen“ dabei helfen, Pflanzenteile im Magen zu zerkleinern. Die Küken benötigen in den ersten drei Wochen eiweißreiche Insektennahrung. Diese lässt die Küken rasch heranwachsen. Schon im Alter von zwei Monaten sind sie fast ausgewachsen,
Die Balz findet im Frühjahr und z. T. auch im Herbst statt. Die Population der Lüneburger Heide ist autochthon. Das bedeutet, die Tiere wurden nicht ausgewildert, sondern gehören zur ursprünglichen Tierwelt des Gebietes.
Ein Schutzprojekt
Das südlich von Hamburg gelegene Naturschutzgebiet „Lüneburger Heide“ beherbergt auf rund 5200 ha großen Heideflächen und angrenzenden, aufgelichteten Wald-Heide-Übergangsbereichen eine der letzten autochthonen Birkhuhnpopulationen in Mitteleuropa. Zur Stabilisierung und Förderung der Birkhuhnbestände wurde um Jahr 2005 das „Artenschutzprojekt zum Schutz des Birkhuhns im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide“ ins Leben gerufen. Der Projektträger ist die VNP Stiftung Naturschutzpark Lüneburger Heide, Projektförderer sind: Nieders. Ministerium für Umwelt und Klimaschutz, Nieders. Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung, Landesjägerschaft Niedersachsen e. V. sowie der Niedes. Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz. Das Umsetzungsprojekt basiert auf drei Säulen: 1. Monitoring der Bestandsentwicklung, 2. Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen, 3. Prädatorenmanagement.
Monitoring der Bestandsentwicklung
Während des Jahresverlaufs werden die Birkhühner und ihre Spuren auf verschiedene Weise erfasst.
Zur Frühjahrsbalz werden Hähne und Hennen gezählt. Die Ergebnisse der alljährlichen Synchronzählungen im April sind die bisher bestmögliche Dokumentation des Bestandes. Aktuelle Bestandeszahlen der Birkhuhnpopulation im Naturschutzgebiet Lüneburger Heide finden Sie auf der VNP-Internetseite: www.stiftung-naturschutzpark.de .
In den Herbst- und Wintermonaten wird jede zufällige Birkhuhnbeobachtung erfasst, um möglichst viel über ihr Verhalten und die Habitatnutzung zu erfahren. Außerdem wird die Gestüber-Suche (Kostsuche) maßnahmenbezogen auf Pflegeflächen durchgeführt und gibt weiteren Aufschluss über die Raumnutzung und über das jeweilige Nahrungsspektrum.
Alle Daten fließen in die Maßnahmenplanung zur Lebensraumverbesserung ein.
Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen
Zum Erhalt der Heideflächen werden unterschiedliche Methoden eingesetzt. Ziel ist es, die Flächen offen zu halten und Nährstoffe zu entziehen. Hierfür wird z.B. Rohhumus maschinell abgetragen (Schoppern) und Heide streifenweise abgemäht. Auch die traditionelle Beweidung durch Schafe und Ziegen sowie das kontrollierte Abbrennen der Heideflächen gehören dazu.
Neben diesen Maßnahmen legt der VNP gezielt Offenbodenstellen und Aschehaufen an, die von Birkhühnern gerne als sogenannte Huderstellen für die Gefiederpflege und zur Aufnahme von Mineralien aufgesucht werden.
Dort, wo Wälder an Heideflächen angrenzen, werden Wald-Heide-Übergangsbereiche aufgelichtet. Diese werden von den Heidschnucken des VNP bis zu einer Tiefe von 40m beweidet, sodass ein sich flacher Unterwuchs aus Heidekraut und Beerensträuchern entwickeln kann. So entsteht ein reich strukturierter Lebensraum aus Offenland mit Einzelbäumen, Baumgruppen, sehr lichten Kiefernwäldern, verkusselten Heideflächen und tief gestaffelten Waldrändern. Die gezielte Entwicklung von Birkhuhn-Lebensräumen, stellt für viele heidetypische Tier- und Pflanzenarten eine Lebensraumaufwertung dar.
In Kooperation mit anderen Grundeigentümern werden offene Verbindungsachsen erhalten und erweitert. Korridore und Trittsteinbiotope spielen eine zentrale Rolle im Schutz der bestehenden Birkhuhnpopulation. Sie gewährleisten die Möglichkeit des genetischen Austausches zwischen Teilpopulationen und bilden auf diese Weise die Grundlage für einen gesunden und robusten Birkhuhnbestand.
Die Landschaftspflegemaßnahmen zur Lebensraumverbesserung und –vernetzung werden durch das Land Niedersachsen unter finanzieller Unterstützung durch die EU gefördert.
Prädatorenmanagement
Die negative Bestandsbeeinflussung der Birkhuhnpopulation durch Prädatoren (Fressfeinde) wird durch eine intensive Bejagung von Fuchs, Marderartigen, Krähen und Wildschweinen reduziert. Probleme bereiten auch invasive Arten wie Waschbär und Marderhund, die sich stark ausbreiten.
Der VNP beschäftigt einen Berufsjäger, der eigens für die Prädatorenbejagung zuständig ist. Die Finanzierung der Stelle erfolgt überwiegend durch das Niedersächsische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz bzw. durch die Landesjägerschaft Niedersachsen e. V. im Rahmen der Jagdabgabe sowie anteilig durch die VNP Stiftung Naturschutzpark Lüneburger Heide selbst.
Die Kartierung der Fuchs- bzw. Dachsbaue stellt die Grundlage für eine effektive Prädatorenbejagung dar. Neben der Ansitzjagd auf frisch gemähten Flächen oder am Luderplatz, sind die Fallen und Baujagd ein wichtiger Bestandteil des Prädatorenmanagements. Die Bestände der Rabenkrähe werden mit Hilfe der Lockjagd reduziert.
Die Schwarzwildbejagung erfolgt schwerpunktmäßig im Herbst bei revierübergreifenden Bewegungsjagden. Diese Jagdmethode hat sich bewährt, da Aufwand und Erfolg in einem günstigen Verhältnis stehen.
Quelle: VNP Stiftung Naturschutzpark Lüneburger Heide